Thomas Leon Heck

gottlob berger, die rechte hand himmlers, und mein nachbarort gomaringen

der gönninger arzt wilhelm Kinkelin hat die grabrede für gottlob Berger gehalten. 1 schuhkarton mit briefen an ihn, darunter etliche von berger, gehört zum spannendsten, das ich je besaß.
Bergers rang zeigt sich schon daran, dass himmler die auto-nr. „SS 1“ hatte und berger die „SS 2“.
Nun hat der kreisarchivar von tübingen, dr. w. sannwald (=WS), 2021 ein buch über die beziehungen zwischen gomaringen, der dort dominierenden fabrikantenfamilie dölker und berger verfasst. Der forschungsansatz ist lobenswert, die publikation wirtschaftlich mutig.
Aber 1 der hauptbelege für die intensität der beziehungen zwischen den dölkers und berger erwähnt WS nicht einmal, obwohl er sich 2021 schon im besitz des stadtarchivs tü befand, wohin ich ihn verkauft hatte: den durchschlag des orig. gnadengesuchs von berger an mccloy, hochkommissar der us-besatzungsmacht in dtld., das unterstützt wurde durch 1 beiliegendes schreiben dölkers.
Auch sonst habe ich viel zu bemängeln: ab fußnote 333 passt bis zum schluss keine einzige hochzahl mehr zu dem text im anhang, also quasi „ab 333 bei sannwald schlamperei“.
Auf s. 27 sieht man 1 antinazikarikatur mit dem frakturtext „Hast du mittags nichts zu fressen / Freu dich an meinen Nazi-Tressen“ (das sind borten an uniformen). Bar jeglichen reimgefühls und wissens um typographie transkribiert WS: „Treffen“.
Schon auf der nächsten seite sieht man 1 Zeitungsartikel mit der überschrift: „Tübingen und Umgegend“. Und was schreibt WS darunter? „Umgebung“.
So entsteht kein vertrauen in die gründlichkeit der recherche.
Besonders eifrig nachgeforscht hat der verfasser auch nicht: auf s. 37 erwähnt er dr. phil. melzer. Den vornamen nennt er nirgends, auch nicht im register. Es kann sich hier eigtl. nur um friso melzer handeln (s. wikipedia).
Abenteuerlich inkompetent wird es auf s. 112, wo 1 brief bergers „An den Chef des SS-Personalhauptamtes“ abgebildet ist. WS nun bezeichnet berger in diesem kontext als „Chef des SS-Personalhauptamtes“ (S. 113). Somit würde er an sich selbst schreiben. Das macht vlt WS, dann könnte er sich auch selbst als „Honorarprofessor“ anreden.
Oder auf s. 117 schreibt er „Propagandaminister Joseph Göbbels“, was man in jeder realschulgeschichtsarbeit als falsch markieren würde.
Noch witziger ist auf s. 149 der „Schlossmeister“ mayer statt „Schlosser-“. Immerhin hat gomaringen 1 schloss.
Wieso verf. konsequent von der „Brabant-i-schen Trikotfabrik“ redet, während selbst die von ihm beigebrachten belege sämtlich von der „Brabantschen“ sprechen, bleibt sein geheimnis.
Auf seinem selbst erstellten foto des grabsteins von berger liest WS „may.“ statt „maj“ für Major.
Württemberg wird korrheckt geschrieben. Immerhin. Aber auf einem weiteren foto in dem buch selbst ist klar erkennbar, dass es im französischen Wurtemberg mit 1 T heißt. Es ist mir schleierhaft, wie man sich in einem text so oft in gegensatz zu seinen eigenen fotos stellen kann. 1 klein wenig kritisches bewusstsein würde vlt helfen.
Nach all dem oben gesagten habe ich nun auch zweifel an dem vorgang ab s. 157, die entnazifizierungsbehörde habe am 12.10.1948 an karl dölker geschrieben, der doch monate vorher schon, am 7.5.48, gestorben sein soll, zumal das verfahren (laut s. 162) am 6.9.48 bereits eingestellt worden sein soll.
der verf. ist historiker. ich als philologe finde es sprachlich unfein, den tod des c. dölker jr "tragisch" zu nennen, nur weil er mit herzschlag aus dem zug fällt. das ist allenfalls "dramatisch". auch suevismen wie "aktivistischer ... wie er " statt "als" stören mein sprachempfinden (s. 160).
aber ich will nicht mit weiteren zahlreichen details langweilen und heckläre mich daher bereit, dem verf. gegen großzügige honorierung mein gelesenes hecksemplar zur korrhecktur seines theckstes zur verfügung zu stellen. Es stammt leider ausgerechnet aus dem nachlass eines neffen des oberdadas, der vor wenigen wochen erst 1 buchpublikation von mir strahlend gelobt hatte, dann seine hand auf meine schulter legte und sagte „schade, dass du nicht an die uni bist“.
Ihm, prof. dr. ulrich baader, der heute, am 30.6.23, in gomaringen beerdigt wird, widme ich diese zeilen, dankbar für die wunderbaren erlebnisse, die ich in seinem haus hatte.

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